24. Oktober 2017
Me too… ist der Aufruf an Frauen, sich zu bekennen, Opfer sexueller oder anderer gewalttätiger Übergriffe geworden zu sein, um klar zu machen, wie oft es passiert. Der Aufruf entstand durch die kürzlichen Enthüllungen über den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein, der gerade stündlich von männlichen und weiblichen Schauspielern angeprangert wird, seine Machtposition dazu benutzt zu haben,zu glauben, sexuell übergriffig werden zu dürfen. Also me too.
Ich wuchs in einem gewaltbereiten Elternhaus auf. Mein Stiefvater, den meine Mutter heiratete als ich 10 Jahre alt war, konnte sich so reinsteigern, dass er sich weg brüllte. Einmal im Quartal sah er sich genötigt so auszurasten, dass er zuschlug. Er schlug nie ins Gesicht denn er fürchtete die Reaktion der Nachbarn. Mein Selbstwert war dadurch so niedrig, dass mir meine Unsicherheit aus allen Poren quoll und ich wurde mehrfach Opfer von Übergriffen in öffentlichen Verkehrsmitteln.( Schweinereien von hinten ins Ohr geflüstert, in den Schritt gefasst u.s.w.) Mir 18 Jahren zog ich aus und landete bei einem gewaltbereiten Partner. Ich zog in die Kiefernstraße (damals Hausbesetzerszene in Düsseldorf) zu ihm und bettelte mit anderen Punks in der Altstadt. Wir lieferten uns zahlreiche Schlägereien und nicht selten stand ein Pulk von hilflosen Passanten um uns herum und sah tatenlos zu… Solche Übergriffe gab es immer und sie sind nichts was nur Frauen betrifft!
Es geht um Machtmissbrauch, der Eine ist der vermeintlich Stärkere und somit der Täter, der Andere ist zwangsläufig schwächer und somit Opfer. Meist wird den Tätern ungewollt mehr Beachtung geschenkt, deshalb gefällt mir diese Aktion weil hier auch einmal Opfer die Möglichkeit haben, Gehör zu finden. Und weil es solche Übergriffe immer schon gab stellt sich mir die Frage, woran liegt das? Ich weiß aus aufrichtigem Interesse und Lektüren von Tätern wie jemand zum Täter wird, wie man zum Opfer wird habe ich selbst erfahren. Die meisten Täter waren selbst Opfer. Wie treffen sie ihre Entscheidung, nach allem Wissen darüber, wie es sich anfühlt zutiefst gedemütigt zu werden, das Gleiche einem anderen anzutun? Wenn ich einmal schlecht gelaunt zu laut mit einem unserer Hunde spreche und mich sein unterwürfigen Blick trifft, bricht es mir das Herz und ich schelte mich innerlich wegen meiner Unbeherrschtheit. Macht scheint eine berauschende Wirkung zu haben, so berauschend dass es zu einem Kontrollverlust kommt, vielleicht motzt es auch den geringen Selbstwert auf und streichelt das verletzte Ego?
Weiterführende gute Artikel zum Thema metoo habe ich beim Zeit Magazin online gesehen.
Marion Decker